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Presseberichte


21.02.2011

Uralte Pflanzensammlung neu geordnet


Beate Herz und Oliver Kaiser (re.) restaurieren gegenwärtig ein uraltes Herbarium. Armin Hoch sieht den Studenten über die Schulter. (FOTO: HEINZ NOACK)

ROSSLA/MZ. Für vier Wochen haben die Studenten Beate Herz und Oliver Kaiser die Schulbank der Hochschule Anhalt in Bernburg mit einem Arbeitstisch in der Verwaltung des Biosphärenreservates Karstlandschaft Südharz in Roßla vertauscht. In Rahmen eines Praktikums zur Bachelor-Ausbildung in der Fachrichtung Naturschutz und Landschaftsplanung restaurieren sie die uralte Lebingsche Pflanzensammlung.

Das Angebot für dieses Praktikum kam nicht von ungefähr: bereits im vergangenen Jahr weilte die Seminargruppe zu einem Studienaufenthalt in Questenberg. "Wir sind froh, dass es geklappt hat", hielten beide mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. "Die Arbeit ist sehr interessant und gibt uns einen guten Einblick in die frühere wissenschaftliche Arbeit." Mappe für Mappe des rund 130 Jahre alten Herbariums wird aufgeschlagen und die getrockneten Pflanzen entnommen. "Wir befestigen sie mit dünnen Papierstreifen auf neuen Herbarbögen im Format 30 mal 43 Zentimeter", erklärt Beate Herz. "Manche Pflanzen sind noch sehr gut erhalten, bei einigen ist der Zustand schon etwas kritisch. Sie sind durch Käfer- oder Insektenfraß beschädigt worden." Wenn noch vorhanden, wird auch das Originaletikett mit aufgeklebt. Darauf hat der Sangerhäuser Gymnasiallehrer Carl Friedrich Lebing (1839-1907) den wissenschaftlichen (lateinischen) und deutschen Namen, den Fundort und das Funddatum festgehalten. Aber auch ohne Etikett wissen die Studenten, um welche Pflanzen es sich handelt. Soweit es noch möglich ist, bestimmen sie die Pflanzen und vermerken die Namen genauso sorgfältig wie ihr Vorgänger.

Als Betreuer steht ihnen Armin Hoch, Mitarbeiter des Biores zur Seite. Er ist sehr froh darüber, dass das alte Herbarium restauriert wird. "Die Sammlung von Lebing ist für den Südharz sehr wertvoll", sagt er. "Der Gymnasiallehrer sammelte Ende des 19. Jahrhunderts im Gebiet um Sangerhausen sehr viele Pflanzen." Leider ist davon nur ein Teil bis in die heutige Zeit erhalten geblieben. "Belege aus seiner Sammlung sind durch Tausch in der ganzen Welt verbreitet", weiß Hoch zu berichten. "Sie sind auch in den berühmten Herbarien von Paris, Sankt Petersburg und Berlin enthalten. Wir haben im Bestand des Spengler-Museums in Sangerhausen nur noch einen kümmerlichen Rest von 170 Belegen." Nicht ohne Stolz zeigt Armin Hoch den Studenten den Beleg einer Kornrade. Die Pflanze war vor 130 Jahren noch bei uns anzutreffen, heute ist sie nicht mehr nachweisbar. Ebenso das Mauergipskraut oder der Feld-Schwarzkümmel.

Für die Studenten ist diese alte Pflanzensammlung genauso interessant, wie eine Exkursion in Wald und Flur, "kann man doch mit ihrer Hilfe Rückschlüsse auf die damaligen Vegetationsverhältnisse ziehen". Carl Friedrich Lebing übergab das Herbarium und Aufzeichnungen zu einer "Flora von Sangerhausen" 1902 beim Eintritt in den Ruhestand dem Gymnasium in Sangerhausen. Damit verband er die Hoffnung, dass sich unter den späteren Naturgeschichtslehrern jemand findet, der seine Arbeiten zum Abschluss bringt. Dieser Wunsch hat sich zunächst nicht erfüllt. Erst 50 Jahre später hat sich der Sangerhäuser Lehrer und Botaniker Richard Zeising (1929-1979) mit dem verbliebenen Lebing-Herbarium beschäftigt und dessen Notizen mit eigenen Aufzeichnungen zu Pflanzenfundorten ergänzt.

Als das Herbarium weitere 50 Jahre später wieder aufgefunden wurde, waren viele Pflanzen bereits sehr stark durch Insektenbefall beeinträchtigt oder sogar zerstört. Im Sommer 2005 sichtete Armin Hoch mit weiteren Fachleuten das Herbarium. Daraufhin wurde das Material im Leibnitz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben einer chemischen Behandlung unterzogen, um weitere Schäden zu minimieren. In der Folge gab es im Jahre 2009 im Spengler-Museum Sangerhausen mit ausgewählten Herbarbelegen eine sehr gut besuchte Sonderausstellung. Was damals noch ein stiller Wunsch von Armin Hoch war, geht jetzt, Dank der Studenten, in Erfüllung: Auf säurefreiem Karton ist der Erhalt des Herbariums Lebing künftig gewährleistet. 

MZ erstellt von HEINZ NOACK, 21.02.11

Copyright: Mitteldeutsche Zeitung

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