Sie sind hier: sittendorf.de » Sagen » Kaisersagen » Der habgierige Salzknappe

Der habgierige Salzknappe

Einmal ist auch ein junger Salzknappe aus Frankenhausen, dem die Gier nach Gold keine Ruhe gelassen, statt kostbaren Salzes noch kostbarere Schätze zu gewinnen, zum Kyffhäuser gewandert. Es war schon Nacht geworden, da er auf dem Berge anlangte, der Sturmwind brauste wild einher, die Bäume rauschten schaurig, unheimlich erklang des Uhus heiserer Schrei im finstern Walde, und der Mondsichel mattsilbernes Licht spielte zitternd und gespenstisch um das alte Gestein. Dem Salzknappen gruselte. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirne, und das Haar sträubte sich ihm unter der Mütze. Am liebsten wäre er wieder umgekehrt; aber die Habgier siegte, und so faßte er sich denn ein Herz und hub seine Beschwörung an. Ein Geist erschien ihm nun zwar nicht, wohl aber entdeckte er eine Spalte im Fels, die er zuvor nicht wahrgenommen, und alsbald drang er ein in des Rotbarts geheimnisvolles Reich. Da er eine Strecke weit im Dunkeln getappt, blieb er stehen und entfachte mit zitternden Händen ein Grubenlicht. Siehe, da zeigten sich seinen gierigen Blicken reiche Schätze ringsumher, davon er erraffte, soviel er nur zu tragen vermochte. Aber noch immer war's ihm nicht genug, und, von seiner schnöden Habsucht getrieben und von dem roten Gold schier geblendet, schritt er noch tiefer in den Berg hinein. Da seine kostbare Last ihm immer schwerer wurde, strebte er endlich wieder dem Ausgang zu. Aber weh, er fand ihn nicht! Stundenlang irrte er nun durch die unterirdischen Gänge. Sein Grubenlicht erlosch, die Last erdrückte ihn schier, und der Angstschweiß rann ihm in großen Tropfen von der Stirn. Da packte ihn wilde Verzweiflung, und Stück um Stück warf er von sich von seiner goldenen Last. Endlich, da alle Hoffnung, wieder aus dem Berge zu gelangen, ihm entschwand, fiel er auf die Knie nieder, betete zu Gott und verfluchte sein gieriges Verlangen nach dem Gold. Dabei schleuderte er auch den letzten Rest seines Schatzes in die ihn umgebende Finsternis. Siehe, da erglänzte mit einem Male vor ihm ein lichter Schein! Er sprang auf und eilte vorwärts, und schon nach einigen Schritten war er wieder aus dem Berge. Von tiefem Grauen erfaßt, setzte er in langen Sprüngen den Berg hinab, erreichte im ersten Morgenlicht seine Behausung und sank bewußtlos auf der Schwelle nieder.

Dieser Knappe hat noch manch ein Jahr in Frankenhausen gelebt. Bleich aber blieben seine Wangen, bleich auch sein über Nacht ergrautes Haar, und niemals wieder hat er lachen oder auch nur lächeln können. Von seiner Goldgier und seinem Verlangen nach Barbarossas Schätzen war er geheilt für immer.

zurückSeitenanfang Seite drucken

Kommentare und Ergänzungen zu dieser WWW-Seite an: guenther@ungerweb.de
URL: http://www.sittendorf.de/sagen/kaisersagen/kaisersagen-06.html