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Osterwasser vom Kyffhäuser

Bei einem Bauer in Tilleda diente einstmals eine brave Magd. An einem Osterheiligabend nun holten, altem Brauche folgend, alle jungen Mädchen des Dorfes Osterwasser aus der Waldquelle am Fuße des Kyffhäusers; denn dem Osterwasser eignet, wie männiglich bekannt, eine besondere und heilsame Kraft. Jene Magd aber hatte gehört, daß das Wasser droben aus dem Kyffhäuserbrunnen ganz sonderlich heilsam und kräftig sei, und so machte sie sich gegen zehn Uhr abends allein auf den Weg, schritt kühn durch den finsteren Wald und brachte auch bald zwei Eimer des köstlichen Wassers nach Hause. Solchen Gang unternahm sie auch zum zweiten Male und schüttete die mitgebrachten beiden

Eimer Wasser in einen großen Kübel zu dem anderen. Noch war es lange nicht Mitternacht und so ging denn das beherzte Mädchen endlich auch zum dritten Male hinauf zum Kyffhäuserbrunnen. Wie sie nun wiederum ihre Eimer gefüllt hatte und sich eben zum Fortgehen anschickte, rief ihr plötzlich eine furchtbare Stimme zu: "Mädchen, nun komm aber ja nicht wieder!" Darüber erschrak die Magd so gewaltig, daß ihr der Schreck in alle Glieder fuhr und sie am ganzen Leibe wie Espenlaub zitterte. Bald aber hatte sie sich gefaßt und lief nun in größter Hast ins Tal hinunter. Unangefochten zu Hause angelangt, schüttete sie, tief aufatmend, auch die beiden letzten Eimer des glücklich heimgebrachten Osterwassers in den Kübel. Am anderen Morgen, am heiligen Ostersonntag, fand der erstaunte und erfreute Bauer, daß jener Kübel voll köstlichsten Weines war.

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