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Nachtherberge im Kyffhäuser

Ein Schweinehirt hütete seine Schweine im Tal am Kyffhäuserberg. Eine Sau in der Herde machte sich öfter selbständig und lief das Tal hinauf in den Berg; wenn sie zurückkam, hatte sie sich satt gefressen, legte sich ans Wasser und schlief. Eines Tages folgte ihr der Hirt und bemerkte, daß die Sau durch ein Loch in den Berg hineinkroch. Als sie gesättigt wieder herausgekommen war, kroch er hinein. Da stand er in einem großen Schloß mit geräumigen Zimmern. In der einen Stube standen auf dem gedeckten Tische Braten und Wein, eine Jungfrau aber trat zu ihm und nötigte den Hirten zu frühstücken. Auch mittags und abends erhielt er zu essen. So verweilte er den Tag über, abends um acht fielen ihm seine Schweine ein, und er wollte sie nach Hause treiben. Die Jungfrau aber sagte, er möge nur dableiben, seine Tiere wären längst im Dorfe. Den Abend um zehn fragte ihn die Jungfrau, ob er nun auch schlafen wolle. Das bejahte er und ward in ein Zimmer geführt, wo vierundzwanzig Betten standen. Er legte sich in das kostbarste und schlief ein. Als er erwachte, war ihm, als wäre es der nächste Morgen. Da er aber aus dem unterirdischen Schlosse herausging, sah er, daß im Wald alles verwachsen und verändert war. Er ging nach seinem Hause, kannte jedoch die Leute nicht, die ihm begegneten und diese sahen ihn erstaunt an, denn sein Kopf war eisgrau. Statt eines Häuschens fand er einen Palast im Dorfe. Staunend ging er zum Pfarrer und klagte dem seine Not. Der Pfarrer forschte nach seinem Stande, und er antwortete, daß er der Schweinehirt hier aus dem Dorfe sei. Weiter fragte der Hirt nach des Amtmanns alter Sau und ob sie noch lebe. Der Pfarrer wußte nichts davon. Als der Geistliche nun seinen Namen erfragt hatte und überlegte, stellte jener nur fest, solch eine Familie nie gekannt zu haben. Dann sah er im Kirchenbuch nach, darin fand der Pfarrer, daß der Schweinehirt 380 Jahre im Berge geschlafen hatte. Als das der Hirt hörte, erschrak er derart, daß er umfiel und sofort tot war.

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